Deutsche Nationalbibliothek | Leipzig

Das Haus am Werderschen Mark

Mit dem vierten Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig (DNBL) wurde ein Neubau mit 6 Ober- und 3 Untergeschossen mit ca. 23.600 m² Bruttogeschossfläche errichtet. Der Neubau wird für die Buchforschung des Deutschen Buch- und Schriftmuseum als öffentliche Ausstellung mit angebundener Bibliothek und Vortragsraum sowie als Arbeitsstätte mit Werkstätten und Magazinen dienen. Für die DNBL entstanden neue Büchermagazine mit ca. 148.000 laufenden Regalmetern im Gebäude. Im Rahmen der Baumaßnahme wurde das Deutsche Musikarchiv in den Gesamtkomplex der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig eingegliedert. Die Tonstudios wurden im Bestand untergebracht. Im Innenhof sind die repräsentativen Ausstellungsflächen und der Lesesaal integriert.

Projektdetails

Auftraggeber / Bauherr

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Oberfinanzdirektion Chemnitz, Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Leipzig

Architekten

Arbeitsgemeinschaft Deutsche Nationalbibliothek Leipzig / Gabriele Glöckler / ZSP Architekten

Realisierung

2007-2011

Leistungen

TGA

Bruttogeschossfläche

23.000 m²

Projektestichworte

Archiv, Bibliothek

Technisches Konzept

Die konservatorischen Anforderungen zum dauerhaften Erhalt der ausgestellten sowie eingelagerten Dokumente stellen hohe Ansprüche an die Klimatisierung der unterschiedlich genutzten Räume. Insbesondere sind unter Einhaltung minimaler Schwankungen (Raumtemperatur ± 2 K, Raumluftfeuchte ± 5 %) die Raumtemperaturen und die Raumluftfeuchte ganzjährig konstant zu halten. In einer Wirtschaftlichkeitsstudie wurde durch die WINTER Ingenieure Leipzig GmbH nachgewiesen, dass in diesem Fall eine dezentrale Lüftungstechnik die kostengünstigere Ausführung unter Berücksichtigung der Betriebskosten darstellt. Somit wurde jedes der 13 Magazine mit einer separaten Klimaanlage inkl. Entfeuchtung sowie einer Ionisierung/Ozonisierung ausgestattet. Zur Minimierung der Betriebskosten werden diese Anlagen nur im Umluftbetrieb gefahren. Für die Deckung der Mindestanforderung mit Außenluft ist, je Umluftanlage, eine RLT-Außenluftanlage mit 200 m³/h installiert. Diese Außenluft wird je nach Bedarf mittels aufbereitetem Wassers befeuchtet. Dieses Anlagensystem wird ebenso, jedoch mit größeren Luftmengen (bis 18.000m³/h) für die Ausstellung im EG sowie dem großen Lesesaal im 1. OG angewendet. Für die Aufrechterhaltung der Luftkonditionen in den Vitrinen des Schautresors ist der Einsatz eines Präzisionsklimaschrankes vorgesehen. Zur Abdeckung der Kühllasten im Ausstellungsbereich sowie im Lesesaal dienen Umluftkühlgeräte mit Kanalanschluss und Kugelschienen- bzw. Drallauslässen.

Besonderheiten der Technischen Gebäudeausrüstung:

Gebäudekühlung und Heizung mit Geothermie
Für die Beheizung und Kühlung des 4. Erweiterungsbaus sowie der bestehenden Büchertürme wird Geothermie als nachhaltige, ressourcenschonende und kostengünstige Energiequelle eingesetzt. Durch 48 Sonden, die je 124 m in die Tiefe reichen, wird der Erde im Winter Wärme entzogen und dem Gebäude mittels 2 Wärmepumpen/Kompressionskältemaschine mit je 150 kW zugeleitet. Im Sommer wird das System zur Gebäudekühlung eingesetzt. Solare Energieeinträge in das Gebäude sowie die Abwärme der inneren Lasten werden über 3 Pufferspeicher a´10 cbm Inhalt geführt und im Erdwärmespeicher gesammelt. Auf Grund der unterschiedlichen Nutzung kann mit diesem System eine gleichzeitige Kühlung sowie Heizung verschiedener Bereiche erfolgen.
Während der Heizperiode steht somit eine Energiemenge zur Verfügung die sich aus Überschusswärme des Sommers und Geothermie zusammensetzt. Der Kühlturm entlastet den Energiespeicher und trägt zur betriebswirtschaftlichen Optimierung des Gesamtkonzepts bei. Bei Erschöpfung des Geothermiefeldes, d.h. es erfolgt kein Energieentzug mehr, wird über Umschaltventile die Versorgung mittels vorhandener Fernwärme gesichert.

Fassadenheizung

Zur Vermeidung von Tauwasser bzw. Kälte-/Wärmeeintrag über die Glasfassade des DMA sowie der Ausstellungsflächen im EG des Erweiterungsbaus wurde eine Fassadenheizung integriert.
Im 3. Untergeschoss erfolgt der Tauwasserschutz über eine Fußbodentemperierung mittels Kupferrohr-Flächenheizung. Entlang der erdberührten Außenwand im 2. UG wird ein Tauwasserausfall über eine Fassadenbeheizung durch ein Sockelheizsystem ausgeschlossen.
Für den Bereich der Tonstudios usw. wurde zur Schallminimierung ein Raum-in Raum-Konzept entwickelt. Um hier den Wärmeverlust über die denkmalgeschützte Fassade zu vermeiden bzw. zur Vermeidung der Taupunktunterschreitung ist hier eine Wandflächenheizung (Naßverlegung) durch die WINTER Ingenieure zwischen der Raumkonstruktion und der Außenwand geplant worden. Zur Ableitung der hohen inneren Lasten in den Studiobereichen konnten in enger Zusammenarbeit mit dem Akustiker sowie Hersteller Hochleistungs-Deckenkühlelemente eingesetzt werden. Hier erfolgte eine herstellerseitige Prüfung zum akustischen Verhalten im Schalllabor.

Entrauchung

Der 4. Erweiterungsbau wurde konzeptionell so geplant, dass auf eine automatische Löschanlage verzichtet werden konnte. In Abstimmung mit der Feuerwehr wurden nur je Treppenhaus eine trockene Feuerlöschleitung mit Entnahmestelle je Etage und separater Einspeisung im EG vorgesehen. In Zusammenarbeit mit Innius-GTD wurde ein Entrauchungskonzept entwickelt und umfassenden Simulationen unterzogen. Im Ergebnis hieraus sind zwei redundant arbeitende Entrauchungsventialtoren mit je 20.000 m³/h montiert worden. Eine unsererseits erstellte Brandfallmatrix war die Basis für die umfangreiche Programmierung der Lüftungs- und Entrauchungsanlagen. Die sachgerechte Funktion konnte durch mehrere Rauchversuche nachgewiesen werden.

Nachtansicht

Mit dem Konzept „Umschlag/Hülle/Inhalt“ werden die drei Hauptelemente des Gebäudes analog eines Buches beschrieben. Um den „Inhalt“, ein tragendes Skelett aus Geschossdecken und Stützen, liegt die „Hülle“, also die Außenwandkonstruktion des Baukörpers. Der „Umschlag“, eine silbrig glänzende Wetterhaut, bindet die unterschiedlichen Bereiche zusammen und definiert die äußere Form des Baukörpers. Diese hinterlüftete und hochgedämmte Gesamtkonstruktion bildet einen „Klimapuffer“ um die vollklimatisierten Magazine.

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